Finanzierung für einen Neuwagen – niedrige Zinssätze können täuschen
Knapp die Hälfte aller in Deutschland privat gekauften Neuwagen ist finanziert. Zu diesem Ergebnis kommt die „Marktstudie Konsum- und Kfz-Finanzierung 2020“ des Vereins Bankenfachverband. Die Zahlen haben sich durch die Corona-Krise nicht wesentlich verändert. Umgekehrt betrachtet ist bei rund 30 % aller Verbraucherdarlehen ein Neuwagenkauf Grund für die Kreditaufnahme.
Neuwagenkunden sind im Autohaus gern gesehen. Mit Kreditangeboten zu – zumindest auf den ersten Blick – attraktiven Konditionen wird ihnen die Finanzierung leicht gemacht. Das Traumauto scheint plötzlich zum Greifen nah. Aber sind die Darlehen der mit dem Hersteller kooperierenden Bank oder die Händlerfinanzierung tatsächlich immer die beste Lösung? Ein Blick auf die Details des angebotenen Kreditvertrags schafft Klarheit.
Beste Konditionen nur für bestimmte Modelle
Die einfachste Möglichkeit einer Kreditfinanzierung ist das Verkaufsgespräch im Autohaus. Wahrscheinlich wird der Verkäufer verschiedene Zahlungsoptionen bereits von sich aus thematisieren, denn die wenigsten Menschen haben mehrere zehntausend Euro für ein fabrikneues Fahrzeug auf der hohen Kante. Der Kaufinteressent wird aber schnell feststellen, dass es die niedrigsten Zinsen nur für bestimmte Modelle gibt. Das muss nicht unbedingt schlecht sein – vielleicht ist das Wunschauto ja dabei. Es sind auch nicht nur Ladenhüter, für die es billiges Geld gibt. Vielleicht geht es ja auch darum, die Zulassungsstatistik für einen neuen Fahrzeugtyp durch bessere Verkaufszahlen in die Höhe zu treiben. Wenn aber die Auswahl an Fahrzeugen durch die Kreditkonditionen beschränkt wird, ist das ein erster Grund, sich nach Alternativen umzuschauen.
Die Tücken des Ballonkredits
Ein zweiter Grund ist die besondere Gestaltung typischer Autokredite. Bei einer üblichen Fahrzeugfinanzierung wird der volle Kaufpreis in drei Teile aufgeteilt: eine Vorauszahlung, laufende Monatsraten und eine Schlussrate. Für einen Pkw im Wert von 30.000 Euro Barkaufpreis könnte der Kreditvertrag beispielsweise so aussehen:
– Sie geben Ihren derzeitigen Wagen in Zahlung und erhalten dafür 5.000 Euro. Damit bleibt ein Finanzierungsbedarf von 25.000 Euro.
– Ihnen wird eine Kreditrate von 349 Euro monatlich bei einer Laufzeit von vier Jahren und einem Zinssatz von 2 % angeboten. Ein neues Auto für 349 Euro im Monat? Das klingt doch super!
– Der Haken bei der Sache: Das Angebot geht von einer Schlussrate in Höhe von 10.000 Euro aus. Das „dicke Ende“, der Ballon, kommt also nach vier Jahren. Diese Kreditform mit einer abweichenden, deutlich höheren Rate am Ende der Laufzeit wird deshalb Ballonkredit genannt.
Nun kann man argumentieren, die 10.000 Euro werden etwa dem Restwert des Fahrzeugs nach vier Jahren entsprechen. Sie geben es zum Ende des Darlehensvertrags zurück oder verkaufen es privat und begleichen davon die Restschuld. Abgesehen davon, dass der Restwert durchaus niedriger sein kann als die Restschuld: Woher nehmen Sie jetzt das Geld für das nächste Auto? Ohne Anzahlung steigt die Kreditsumme, entsprechend teurer sind die Gesamtkosten des Darlehens.
Apropos Gesamtkosten: Auch hier hat der Ballonkredit einen großen Nachteil. Da während der Laufzeit nur wenig getilgt wird, sind die Zinsen in Euro hoch. Der scheinbar günstige Prozentsatz bezieht sich stets auf die noch offene Restschuld, und die wird beim Ballonkredit zu einem bedeutenden Anteil erst am Ende der Vertragsdauer getilgt. Im oben genannten Beispiel belaufen sich die gesamten Kreditkosten auf rund 1.400 Euro. Ein gewöhnlicher Ratenkredit hätte bei ansonsten gleichen Konditionen nur 1.034 Euro gekostet. Die dafür erforderliche Monatsrate, 542 Euro, ist aber weit weniger werbewirksam als verlockende 349 Euro.
Bankdarlehen ist oft günstiger
Es lohnt also, das Angebot aus dem Autohaus mit gewöhnlichen Bankdarlehen zu vergleichen. Dank umfassender Online-Portale kostet das nicht mehr als ein paar Mausklicks. Oft kann der Kreditvertrag komplett digital abgeschlossen werden. Für die Kreditinstitute sind Fahrzeugfinanzierungen ein recht sicheres Geschäft. Sie lassen sich das Auto übereignen – der Käufer ist Halter und Besitzer, die Bank aber Eigentümer. Falls der Kredit platzt, darf die Bank das Auto verkaufen und davon die Restschuld tilgen. Der Vorteil für den Kreditnehmer sind niedrige Zinsen. Diese sind nämlich nicht nur Entgelt für die Bereitstellung von Kapital, sondern auch Ausgleich für das Ausfallrisiko, das die Bank trägt. Ein besicherter Kredit hat ein niedrigeres Risiko, deshalb kann er billiger angeboten werden. Verlangt wird eine Vollkaskoversicherung, aber die sollte man für einen Neuwagen ohnehin abschließen.
Rechnen wir das obige Beispiel einmal durch mit einem Bankkredit, ebenfalls mit vier Jahren Laufzeit, aber zu 3 % Zinsen. Die Kreditsumme von 25.000 Euro bleibt unverändert, denn Ihren Gebrauchtwagen geben Sie weiterhin in Zahlung. Die Monatsrate steigt bei diesen Konditionen auf 553 Euro, die Gesamtkosten des Kredits von 1.561 Euro liegen aber nur geringfügig über denen des Ballonkredits. Und nun stellen Sie sich vor, Sie treten im Autohaus als Barzahler auf. Sie haben die freie Auswahl ohne Einschränkung auf bestimmte Modelle. Und wetten, dass es Ihnen gelingt, unter diesen Voraussetzungen einen Rabatt auszuhandeln? Selbst wenn es nur 3 %, also 900 Euro, sind, ist das mehr als der fünffache Preisunterschied zwischen Bank- und Autohauskredit. Unter dem Strich spart der Käufer mit Bankkredit rund 740 Euro – ein kleiner Urlaub.